Pflanzenfresser

Pflanzenfresser
Ricke mit Kitz beim Äsen

Pflanzenfresser sind als Primärkonsumenten, neben den Fleischfressern (Sekundärkonsumenten) und Saprobionten (Tertiärkonsumenten) eine der Gruppen, in die die Ökologie die Konsumenten einteilt.

Großtiere nennt man überwiegend Herbivore (von lat. herba ‚Kraut‘ und vorare ‚verschlingen‘), bei Kleinlebewesen spricht man eher von Phytophagen (von griech. phyton ‚Pflanze‘ und phagein ‚essen‘). Beide Begriffe werden meist synonym zueinander gebraucht.

Zu den Pflanzenfressern gehören alle Tiere, die sich hauptsächlich von Pflanzen ernähren. Je nach Definition werden Arten angefügt, die sich teilweise auch von Pilzen, Protisten oder Bakterien ernähren, sich somit also von der Biomasse anderer Trophieniveaus ernähren. Ausschließlich bzw. spezialisiert pilzfressende Arten (Mycetophage) oder bakterienfressende Arten (Baketeriovore: der Begriff Bakteriophage wird wegen der Verwechslungsgefahr mit Bakteriophagen, d. h. Viren, vermieden) gehören zur Saprophagen-Nahrungskette und werden nicht als Pflanzenfresser betrachtet. Früher war diese Unterscheidung allerdings nicht üblich, weil Pilze und Bakterien lange Zeit als Teil des Pflanzenreichs betrachtet worden waren. Arten, die sich sowohl von tierischer wie auch von pflanzlicher Biomasse ernähren, werden als Allesfresser (oder Omnivore) bezeichnet.

Bei der Betrachtung von Pflanzenfressern können zwei Betrachtungsebenen unterschieden werden

  • von der einzelnen Art her. Pflanzenfresser sind Arten, die besondere Anpassungen an die Aufnahme pflanzlicher Substanz besitzen. Dies betrifft morphologische Anpassungen (z. B. besonders ausgebildete Zähne), physiologische Anpassungen (z. B. besondere Enzymausstattung des Verdauungsapparats), Verhaltensanpassungen (z. B. im Nahrungswahlversuch)
  • vom Ökosystem her. Pflanzenfresser sind Arten der zweiten trophischen Ebene (Primärkonsumenten) innerhalb des Lebendfresser-Subsystems, d. h. nur bei Konsumption lebender Biomasse. Arten, die sich z. B. von abgestorbenem Laub am Waldboden ernähren, gehören zu den Saprobionten und sind keine Pflanzenfresser.

Pflanzenfresser sind also die Primärkonsumenten. Da sie andererseits aber auch als Nahrung für Carni- und Omnivore (Fleischfresser bzw. Allesfresser) dienen, kann man sie auch als Sekundärproduzenten bezeichnen.[1] (genauer: Sekundärproduzenten der ersten Ebene/des ersten Trophieniveaus). Der Unterschied besteht hier nur im Blickwinkel bzw. in der Betrachtungsebene.

Pflanzenfresser existieren in einer Vielzahl unterschiedlicher Spezialisierung und Anpassung. Je nach Ernährungstyp lassen sie sich in unterschiedliche Gruppen einteilen:

Nach der Ernährungsweise:

  • Filtrierer sind aquatische Arten, die entweder passiv (durch Ausnutzen der Strömung) oder aktiv (indem sie selbst eine Wasserströmung erzeugen) Partikel aus dem Wasser ausfiltern und sich davon ernähren. Phytophage Filtrierer wären streng genommen nur solche, die sich ausschließlich oder überwiegend von einzelligen Algen (Phytoplankton) ernähren.
  • Ektophage sind beißende oder kauende Arten, die z. B. Blätter abbeißen. Der Ausdruck ist v. a. bei Wirbellosen gebräuchlich.
  • Minierer sind Arten, die im Inneren von Pflanzengewebe leben und z. B. Gänge in Blätter fressen, wobei die äußere Hülle (Epidermis) intakt bleibt.
  • Gallbildner geben hormonell wirkende Substanzen ab, die die Pflanze zur Bildung von Wucherungen (Pflanzengallen) anregen, von deren Gewebe sie leben.
  • Pflanzensauger stechen lebendes Pflanzengewebe an. Je nach genutztem Gewebe weiter unterteilbar (Xylemsauger, Phloemsauger, Parenchymsauger).
  • Weidegänger sind Arten, die flächige Rasen oder Matten von Pflanzenarten abweiden.

Nach der Spezialisierung auf Pflanzenorgane:

  • Blattfresser (Phyllophage)
  • Holzfresser (Xylophage). Holz umfasst lebende und tote Substanz. Aufgrund der schwierigen Verdaulichkeit können viele Holzfresser es nur mit Hilfe von speziellen Pilz- oder Bakterienarten aufschließen, mit denen sie häufig symbiontische Lebensgemeinschaften bilden. Innerhalb der Pflanzenfresser sind sie deshalb ein Sonderfall und werden häufig gesondert betrachtet.
  • Wurzelfresser (Rhizophage)
  • Blütenbesucher mit Ernährung von Pollen und Nektar. Dies umfasst symbiontisch angepasste Bestäuber, aber auch zahlreiche andere.
  • Samenfresser ernähren sich v. a. von Samen oder Früchten

Nach der Spezialisierung auf Pflanzenarten:

Generell werden Arten mit enger Spezialisierung auf eine oder wenige Pflanzenarten (Monophage), Arten mit mittlerer Spezialisierung, z. B. auf Pflanzenfamilien (Oligophage) und Generalisten (Polyphage) unterschieden. Spezielle Strategien sind z.B. grasfressende Arten (Graminivore).

Die genannten Kategorien werden zur Charakterisierung der ökologischen Nische einer Art kombiniert. Beispiele:

  • Rind (Bos primigenius taurus): polyphager Weidegänger
  • Streifenwanze (Graphosoma lineatum): saugend, an Pflanzensamen, oligophag an Doldenblütlern (Apiaceae)
  • Schwarze Bohnenblattlaus (Aphis fabae): ektophag saugend (Phloemsauger), polyphager Wirtswechsler (d.h. verschiedene Generationen saugen an unterschiedlichen Arten)
  • Tabakblasenfuß (Thrips tabaci) ektophag saugend (Parenchymsauger), polyphag, blattsaugend
  • "Drahtwurm" (Larve des Schnellkäfers Agriotes lineatus): omnivor, rhizophag, polyphag

Einige Kombinationen kommen in der Natur allerdings bevorzugt, andere gar nicht oder nur als extreme Ausnahme vor: Filtrierer, Weidegänger und Holzfresser sind z.B. (fast) immer polyphag. Sehr viele Arten unterscheiden hier auch nicht zwischen lebender und toter Biomasse bzw. gehören teilweise zu sekundärer und tertiärer Nahrungskette. Aquatische Weidegänger weiden meist Biofilme ab, die neben Algen auch Bakterien und Pilze enthalten, ohne zwischen diesen zu unterscheiden.

Phytophage Arten machen einen erheblichen Anteil der Artenvielfalt der Erde aus. Für die Gesamtartenzahl am bedeutsamsten sind aufgrund ihrer generell hohen Artenzahlen die Insekten. Besonders bedeutsam wird dabei die Rolle der mono- und oligophagen Spezialisten auf tropischen Pflanzenarten eingeschätzt. Je nachdem, wie hoch der Anteil dieser (sehr schlecht erforschten) Gruppe eingeschätzt wird, ergeben sich dramatisch unterschiedliche Schätzungen für die Gesamtartenzahl. Bei den Säugetieren sind artenreiche Ordnungen und Überordnungen wie die Huftiere, die Hasenartigen (Lagomorpha) oder die Nagetiere (Rodetia) ausschließlich oder weit überwiegend Pflanzenfresser. Die (Über-) Ordnung der Primaten, zu der der Mensch gehört, umfasst besonders viele Omnivore (wie den Menschen selbst). Daneben kommen fast rein phytophage Arten wie die Gorillas vor.

Gebiss

Die herbivoren Säugetiere zeichnen sich aus durch breite Schneidezähne, mit denen sie die Pflanzen abschneiden, reduzierte bis fehlende Eckzähne, molarisierte Prämolaren und Backenzähne, mit denen sie die Nahrung zermahlen. Transversale Kaubewegungen sind (auch wegen der fehlenden Eckzähne) möglich und notwendig zum Zermahlen. Auch kommen zahnfreie Abschnitte vor und oft ein frontal verlängerter Schädel.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. freenet-homepage.de/biologielk/_oekologie/03_Die_Sekundaerproduktion_In_Oekosystemen.html

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Synonyme:

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